Im Kielwasser der vorläufig letzten Tour nach Indien gab es einige schlagende Bilder, die uns etwas über den Arbeitsmarkt hier und in den sogenannten Schwellenländern erzählen.
Eigentlich ist dies der letzte Beitrag aus der „Bananenblatt Classic“-Reihe – doch er geht über die üblichen Bananenblatt-Anekdoten und Witzchen hinaus: Er zeigt auf unsere Art zu leben, und stellt die Frage, ob unser Leben noch in der richtigen Verhältnismässigkeit steht.
Auslöser für diese Frage war, wie für Das Bananenblatt üblich, ein Kulturschock – diesmal ein Kulturschock am ersten Bürotag nach der Rückkehr. Denn ich hatte in Bangalore Fensterputzer gesehen, die an der drei Stockwerke hohen Fensterfront arbeiteten. Nach der Rückkehr wurden auch im Büro in Walldorf geputzt. Hier sind die Impressionen:
In Worten: Fensterputzen in Bangalore bedeutet, sich einen Helm aufzusetzen, einen Strick um den Bauch zu binden und den Putzeimer daranzuhängen und sich von einem Kollegen abseilen zu lassen. Fensterputzen in Deutschland bedeutet, mit einem Kran an das Haus zu fahren, sich einen Friesennerz anzuziehen, sich – sicherheitshalber – noch einmal am Kran-korb anzuseilen und dann mit dem Feuerwehrschlauch loszuputzen.
Sagte hier gerade jemand „Lohnnebenkosten“?
In Bangalore ist es billiger, zwei Bürohelfer einzustellen als der Unterschied zwischen einem Kopierer und einem Kopierer mit Sortierfunktion. Jetzt haben wir zwei wenig ausgelastete Bürohelfer, in Bangalore, die jederzeit dafür bereitstehen, Kopien zu sortieren. Zwei Arbeitsplätze mehr.
Dies ist kein Argument für ein bodenloses „Race to the bottom“, bedingungslosen Sozialabbau. Es ist nur die Bitte, unseren Luxus hier in Deutschland zu hinterfragen. Noch haben wir eine Gelegenheit, den notwendigen Abbau kontrolliert durchzuführen und uns auf einem neuen Niveau einzuschwingen. Aber diese Gelegenheit besteht nicht mehr lange. Die Tarifvereinbarungen in der Automobilindustrie in den letzten 12 Monaten und die Stilblüten aus der EU-Dienstleistungsverordnung deuten schon darauf hin, daß ein unkontrollierter Kollaps unserers Sozialstaates nicht mehr auszuschließen ist.
Wie weit Ricardo’s „Iron Law of Wages“ (etwa: „Das Eiserne Gesetz der Löhne“) tatsächlich trägt und wie weit William Pfaff mit seinem Artikel „In a Shrinking World, Wages Seek the Lowest Level“ recht hat, ist jetzt nicht zu beurteilen. Fest steht, daß Ricardo von der heute dominanten Rolle von spezialisierten, erfahrenen Fachkräften nichts ahnen konnte. Eine Ahnung davon bekommt man in „An American label: Made in Germany „
1 Pingback