Bananenblatt

Rente…

Wieder mal bei Facebook provoziert… wieder mal ein Kommentar über 8000 Zeichen. Aaalso…

Da gibt es leider ein ganz reales Problem: Das Modell „Generationenvertrag“ funktioniert nur mit einer Alterspyramide, die den Namen auch verdient. Viele Junge, die die Renten für wenige Alte bezahlen. So ist das aber hier im Land nicht mehr, ungefähr seit die Generation „Pillenknick“ in Rente / Frührente geht. Das Fundament für den Generationenvertrag ist Adenauers Satz „Kinder bekommen die Leute immer„. Das stimmt aber nicht mehr.
Noch dazu werden die Menschen immer älter. Was eigentlich ein Menschheitstraum seit der Antike war, dass wir die apokalyptischen Reiter Krieg, Seuche und Hunger besiegen und die Menschen älter werden, ist zwar irgendwie toll – aber gleichzeitig ganz schön teuer.

Um diesen Effekt zu dämpfen sollte die Rente schrittweise vom Modell „Generationenvertrag“ auf das Modell „private Rente“ umgestellt werden. Das Problem dabei ist vor allem: Wir haben zu spät damit angefangen.

EIGENTLICH bräuchten wir eine Generation „Puffer“, eine Generation, die wenig in die Rente einzahlt, dafür privat vorsorgt und trotzdem alle Rentner wenigstens annähernd im Rahmen der gemachten Versprechen versorgt. Nach dieser „Übergangsgeneration“ könnte dann ein privates Vorsorgemodell halbwegs vernünftig funktionieren.

Aber diese Puffergeneration ist verstrichen. Schlimmer (wenigstens für die Rentenkasse): In der Zeit, in der diese Puffergeneration eigentlich hätte stattfinden müssen kam die Wiedervereinnigung, und durch das Versprechen, auch die Ostrenten 1:1 auszuzahlen (obwohl die DDR-Rentenkasse praktisch pleite war) und später die Ostrenten an das Westniveau anzugleichen wurde die Rentenkasse während dieses Zeitfensters nicht ENTlastet, sondern zusätzlich BElastet.

Durch die Bevölkerungs“pyramide“ haben wir jetzt die Situation, dass wenige Junge für viele Alte bezahlen sollen. Den „Alten“ kann man ihre Ansprüche nicht übelnehmen, sie haben ihren Teil beigetragen, das ist nicht rückgängig zu machen, also haben sie eben auch die Ansprüche erworben.
Den „Jungen“ kann man das aber auch nicht übelnehmen: Sie können diese Last nicht tragen, weder über Rentenbeiträge noch über Steuern – und bei näherem Hinsehen ist der Staat jetzt SEHR viel vorsichtiger mit den Rentenversprechen. Das ist eigentlich gut: Man soll ja nichts versprechen, was man nicht halten kann. Aber die Motivation der „Jungen“, viel in ein System einzuzahlen, von dem sie voraussichtlich wenig herausbekommen (wenn überhaupt) steigt dadurch natürlich nicht. Der Hinweis auf die Steuern ist wichtig: die Rente wird inzwischen mit 100 Mrd € p.a. aus Steuermitteln bezuschusst. Das ist ein mittlerer vierstelliger Betrag pro Arbeitnehmer – das kann man auch nicht beliebig steigern.

Auch die sogenannten „versicherungsfremden Leistungen“ sind in dieser Hinsicht je nach Blickwinkel mal Teil des Problems, mal Teil der Lösung: Die Tabelle oben zeigt, dass überwiegend Frauen wirklich sehr wenig Rente bekommen. Allerdings haben überwiegend Frauen Anspruch auf die wichtigste „versicherungsfremde Leistung“, nämlich die Witwenrente. „Ohne“ wäre die Lage also noch drastischer.

Die Tatsache, dass es da ein substanzielles Problem gibt, wird dadurch belegt, dass auch zwei Regierungswechsel (von Union nach rot-grün und wieder zurück) nicht ausgereicht haben, um das Thema vom Tisch zu kriegen. Und die Substanz ist: Das Geld ist einfach nicht da. Die ganzen oben zitierten Slogans sind auf eine gewisse Weise zwar Niveau-arme Stimmungsmache – aber sie haben einen wahren Kern.

Das deutsche Rentensystem ist eigentlich ein gigantisches Schneeballsystem: Niemand bekommt das Geld zurück, das mit seinen eigenen Beiträgen erwirtschaftet wurde, sondern jeder bekommt das Geld ausbezahlt, das „die nach ihm“ in die Pyramide bringen. Ich denke, Adenauer wusste das und hat das auch bestätigt mit einem Satz wie „wenn es so weit ist, bin ich nicht mehr Kanzler“. Aber die Quelle dazu finde ich gerade nicht mehr.

Man kann auch nicht einfach die Pensionäre in die gesetzliche Rentenversicherung zwingen. Also… an der Oberfläche geht das selbstverständlich. Aber dies ist Deutschland, hier herrscht Rechtssicherheit und Besitzstandswahrung. Die Minimal-Voraussetzung dafür wäre, dass auch die jetzigen Pensionsansprüche in die RV übernommen werden, wenn wir die Beamten schon in die RV zwingen. Wahrscheinlich müssten auch die Bezüge um die RV-Beiträge erhöht werden. Sonst wäre das ja de facto eine Enteignung der Beamten. Der Fehler ist also jetzt schon gemacht und für die aktuelle Beamtengeneration nicht ohne weiteres umkehrbar.

Gleichzeitig sind im Moment die Pensionsverpflichtungen des Staates in den verschiedenen Haushalten und Bilanzen „unsichtbar“. Es ist ja bekannt, dass diese sogenannten „versteckten Staatsschulden“ (also Verpflichtungen des Staates, die nicht in den Haushalten auftauchen) im Moment ungefähr das 2,5fache der offiziellen Staatsschulden betragen (Bild). Wenn wir die Pensionäre in die gesetzliche Rentenversicherung „umziehen“, werden diese „versteckten“ Verpflichtungen plötzlich transparent. Damit wecken wir potenziell einen riesigen schlafenden Löwen. Unsere Sozialversicherungen sind VIEL zu teuer.

Dafür, dass sich in der Substanz nichts ändert (der Staat zahlt Vorsorgebeiträge für Beamte aus der Staatskasse – entweder als Pensionen später oder als Erhöhung der Bezüge plus Zuschüsse aus Steuermitteln zur gRV „jetzt“) könnte das ganz knackige Nebenwirkungen an den Finanzmärkten haben.

Man kann auch nicht einfach Selbständige zu Zahlungen in die gRV verdonnern. Auch da: natürlich geht das grundsätzlich. Aber die „Rentenversicherung“ der meisten Selbständigen ist ihr eigenes Unternehmen: Wenn es so weit ist, verkaufen sie das Unternehmen, und von dem so erworbenen flüssigen Vermögen bestreiten sie den Lebensunterhalt im Alter. Das funktioniert bei manchen besser als bei anderen – aber der Punkt ist: Wenn wir sie in die gRV zwingen, zwingen wir sie auch dazu, diese Beiträge dem Unternehmen zu entziehen. Das Geld fehlt dann an anderer Stelle. Für den aktuellen maximalen freiwilligen Beitrag von ca. 15.000 € p.a. könnte ein Unternehmen mit 30 Mitarbeitern beispielsweise einen halben Arbeitsplatz bezahlen. Oder vernünftige IT-Sicherheit, oder eine neue Maschine für die Produktion oder oder oder.

Abgesehen davon, dass es zwar viele Unternehmer gibt, für die diese Beträge eher kein Showstopper sind, wird eine entsprechende Pflicht das Problem nicht lösen. Sogar wenn wir den Unternehmern das Geld plötzlich abnehmen, bedeutet das für die Rentner „heute“ zwar ein Rentenplus – aber für die nächste Generation ein paar Millionen mehr Rentner mit überwiegend hohen Ansprüchen, die dann von der nächsten Generation alimentiert werden müssen. Dann ist das Geld zwar „heute“ da, aber wir haben das Problem wieder nur auf die nächste Generation verlagert.

Vielleicht können wir einen zweiten „Adenauer“ machen: Wir zwingen Pensionäre und Unternehmer in die gRV. Die aktuelle Generation profitiert von zusätzlichen Beiträgen, und unsere Kinder müssen es bezahlen. Bis das Problem aufschlägt, sind wir nicht mehr Kanzler. Und wenn wir den krummen Trick von Adenauer vergessen haben, vergessen unsere Kinder vielleicht auch, was wir ihnen damit antun. Aber ich will, dass meine Töchter ein schönes Leben haben, nicht für eine ganze Generation alte Säcke bezahlen müssen.

Egal wie wir es drehen oder wenden: Eigentlich gibt es nur eine Lösung für unser Rentendilemma: Wachstum. Nur…

Eigentlich könnte die Sache so einfach sein: Wenn die Real-Nettolöhne schneller steigen als die Alterslücke in der Bevölkerung wäre alles OK. Dann stört es „die Jungen“ wenig, wenn sie einen hohen Anteil ihrer Einkünfte abgeben müssen, denn sogar was übrigbleibt wird Jahr für Jahr mehr.
Ob diese Abzüge dann über Steuern abgeführt werden oder über den Rentenbeitrag ist dann eigentlich egal.

Aber wie gesagt: Wirtschaftswachstum wollen wir ja auch nicht mehr. Ist ja schlecht für die Umwelt. Im Moment sind wir näher dran, eine halbe Million Renten-Einzahler dem Umweltschutz zu opfern (Arbeitnehmer in der Automobilindustrie) als das Wirtschaftswachstum so anzuschieben, dass wir die Rentenverpflichtungen aus der Portokasse bezahlen können.

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