Tag 1: Das Fleisch ist da, aber der Geist ist schwach.
In dieser Ausgabe: Der Körper ist da, der Geist kommt an – farbcodiertes Hotel – Shoppen – Etwas ist anders – Unnötige Diskussion – Wasser aus der Leitung – Unbedingt den Laden anschauen

Der Körper ist da, und langsam kommt der Geist an. Sehr langsam. Der Bauch hatte etwas Vorsprung, der hat mich schmerzend um 6:00 geweckt, aber eine halbe Stunde später ging’s wieder. Der Rest vom Geist kam erst gegen Mittag an. Nach einer laaangen Dusche und einer kurzen Konferenz mit der Rezeption begann der Umzug ins andere Zimmer. Siehe da: Alles ist wieder grün, wie beim letzten Mal. Hmmm… Eine nähere Ermittlung ergibt, dass die Etagen „farbcodiert“ sind. Die Zimmer hab’ ich noch nicht gesehen, aber die Läufer auf den Gängen sind in den beiden bekannten Fällen auf die Farben in den Zimmern abgestimmt und in den beiden unbekannten Fällen andersfarbig. Cooles Hotel.

Einziger Tagesordnungspunkt: Shoppen in der Commercial Street. Auf dem Weg aus dem Hotel heraus bieten sich ein paar Dreiradrikschas an. „No thank you“ war wohl die falsche Antwort (wir erinnern uns: ignorieren…), denn einer von ihnen läuft mir bis zur Kreuzung nach und versucht mir einen Laden aufzuschwatzen: Alle Läden in der MG Road (Mahatma Ghandi Road, Haupteinkaufsstraße) wären heute geschlossen, ich solle doch da hin fahren.

Zu Fuß hin (der Arzt sagt, das wäre gut für’s Kreuz), und irgendwas ist seltsam.

  • Es ist Libellensaison. Unmengen davon sind unterwegs, schwarz-gelb gemustert und ungefähr so groß wie ein Bierdeckel.
  • Es ist Raubvogelsaison. Bei näherem Hinsehen stürzen sich Vögel mit einem Meter Spannweite und noch mehr auf die Libellen.

Aber das kann’s nicht sein. Erst an der Commercial Street fällt mir auf: Die Wolken. Dicke, graue Gewitterwolken. Es ist auch viel dunkler und windiger als sonst. Oh-ohh… Es beginnt zu regnen. Immerhin: Wie ein schöner warmer Sommerregen: Es ist immer noch angenehm warm, und es tröpfelt nur leicht, aber hartnäckig vor sich hin.

Übrigens: Ich habe Thomas’ Schachspielverkäufer wiedergefunden. Er scheint in die Commercial Street umgezogen zu sein.

Sechs wunderschöne Buddhastatuen und ein Rollbild später schnappe ich mir eine Dreiradrikscha zum Hotel „The Park“. Vor dem Einsteigen sollte man darauf bestehen, dass das Taxameter zurückgestellt wird, und das nötigenfalls auch selbst machen. „Double Meter“ meint der Fahrer, wegen dem Regen. Die Regel wäre mir völlig neu. In der Nacht, ja, auch wenn man aus der Stadt herausfährt ist „Double Meter“ üblich. Keine Diskussion, ich bleibe bei meiner Meinung – doch wie sich am Hotel herausstellt, er auch bei seiner. Ich hätte zu wenig bezahlt. Kurzer Abstecher zur Wache am Hotelgelände: Nein, Double Meter bei Regen wäre nicht vorgesehen. Warum ich noch einmal zurückgegangen bin, um mich von ihm beschimpfen zu lassen, weiß ich nicht.

Na gut, man kann ja noch eine Runde zum Abendessen gehen, und zwei Dinge brauche ich unbedingt noch: Schokolade (für die Verdauung, nur so für den Fall), und abgefülltes Wasser.

Vorsichtsmaßnahme 3: NIEMALS Wasser aus der Leitung trinken.

Auf dem Weg aus dem Hotel heraus bieten sich ein paar Dreiradrikschas an. Ignorieren nutzt nix, einer von ihnen läuft mir bis zur Kreuzung nach und versucht mir einen Laden aufzuschwatzen: Alle Läden in der MG Road wären heute geschlossen, ich solle doch da hin fahren. Der Kerl hat Potenzial zum Running Gag…

In meinem Lieblings-Pizza-Schnellfress angekommen wird gerade das ganze Restaurant mit „Happy Birthday“ beschallt. Leider hat niemand Zeit, mir einen Platz zuzuweisen, denn das Personal steht um das Geburtstagskind herum und klatscht im Takt. Größtenteils. Zu meiner Überraschung stehen dann zwei Gläser auf dem Tisch: Eines mit Wasser, eines mit dem bestellten Sprite. Naja, zum Durst löschen genügt das Wasser auch. Erst nach dem zweiten Schluck bemerke ich den Verstoß gegen Vorsichtsmaßnahme 3, und mir wird auch pflichtschuldigst schlecht. Inzwischen sitze ich wieder im Hotel und habe zum Magendesinfizieren erst einmal einen richtig scharfen Whisky getrunken, und etwas Schokolade gegessen. (Beides aus der Minibar, ich hab’ kein geeignetes Geschäft mehr aufgetrieben.) Wenn es ein Problem gegeben hätte, säße ich schon lange nicht mehr am Schreibtisch, sondern anderswo, also bin ich noch einmal mit dem Schrecken davongekommen.

Übrigens, auf dem Rückweg kam ich wieder an den Dreiradrikschas vorbei. Ich müsse mir unbedingt diesen Laden anschauen…